Wie Haydn seinen Kopf verlor - und wieder bekam
Totenmaske Haydns
Quelle: Haydn-Kids
Foto: Wikimedia
Entwurf zum Grabmal Joseph Haydns in der Bergkirche in Eisenstadt
Charles de Moreau, und um 1820
Fotosammlung Margarete Kohs
Peter legte in seinem Testament fest:
"Übergeben an
das genannte Musikkonservatorium soll dieser Kopf des Haydn, welches
ich mit dem Eid, so wahr mir Gott helfe, beteuere, dass er derselbe
ist, erst nach meinem Tode aus dem Grunde werden, um wegen dieser
Handlung, die mir gut scheint, vor Verfolgung mich zu bewahren."
Fotosammlung Margarete Kohs
Foto:
Franz Schalling
zur Verfügung gestellt von Mag. Erich Märk
Foto:
Franz Schalling
zur Verfügung gestellt von Mag. Erich Märk
Fotosammlung Margarete Kohs
Fotosammlung Margarete Kohs
Die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien übergibt dem Burgenland den Kopf des Tondichters Joseph Haydn zur Bestattung im Mausoleum der Eisenstädter Bergkirche.
Societas Vindobonensis Musicae Cultorum
anno postquam condita est CXLII, praeside
doctore Alexandro Hryntschak,
ex decreto eorum, qui eam hoc tempore gubernant, unanimo, quod factum est die XXVIII mensis Septembris anni MCMLIII, impetrato consensu senatus urbis Vindobonae
magistro civium Francisco Jonas,
JOSEPHI HAYDN
viri in musica eminentissimi reliquiarum
mortalium quae pars adhuc sepultura carebat,
eam terrae inter foederatas Austriae novissimae, quae
dicitur Burgenland, eiusque urbi primariae Eisenstadt,
capitaneo terrae doctore Laurentio Karall,
magistro civium Eisenstadtensi Johanne Tinhof,
in custodiam tradit propriamque dicat.
Cum olim nefariis manibus scelesta audacia e falsa sciendi cupiditate orta
cumulo ereptum , per complura decennia in occulto retentum, ante hos LIX annos ab heredibus Francisci de Rokitansky anatomiae professoris museo Societatis musicae cultorum spectandi venerandique causa traditum profano loco in perpetuum destinatum videretur
divini illius viri caput,
iam ex libera eorum, qui supra dicti sunt, volúntate, quae plene congruit cum testamento eius, cuius in potestate postremum fuerat, ut denique satisfieret
pietati, provisum est ut ad reliquum corpus sepulcro conditum id accederet.
Benedictionibus Sanctae Ecclesiae munitum
quod mori potuit Josephi HAYDN
requiescat abhinc in mausoleo diu parato ecclesiae Eisenstadtensis in monte sitae, in eiusdem aedis sacrae crypta, in qua ultimae eius missae, quibus profundam fidem ingenuamque suam pietatem singulari quadam arte testificatus est, primum auditae
sunt ad laudem et gloriam
dei patris omnipotentis.
Hoc sic ratum esse pro Societate Vindobonensi Musicae Cultorum nominibus
suis adscriptis testantur
Alexander Hryntschak Franz Kosch
Praeses E gubernatoribus
Die V mensis Iunii anni MCMLIV
Übersetzung:
Die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien übergibt im 142. Jahr ihres Bestandes unter ihrem Präsidenten Dr. Alexander Hryntschak auf Grund eines einmütigen Beschlusses des Vorstandes vom 28. September 1953 mit Zustimmung des Senates der Stadt Wien unter Bürgermeister Franz Jonas jenen Teil der sterblichen Überreste des hervorragenden Musikers Joseph H a y d n , dem bisher eine Bestattung vorenthalten war, dem jüngsten Bundesland Österreichs, Burgenland, und dessen Hauptstadt Eisenstadt unter dem Landeshauptmann Dr. Lorenz Karall und dem Bürgermeister Johann Tinhof in Verwahrung und erklärt ihn zu eigen.
Nachdem einstens der Kopf jenes vergötterten Menschen von ruchlosen Händen in verabscheuungswürdiger Kühnheit aus falscher Wißbegier dem Grabe entrissen, durch mehrere Jahrzehnte an unbekanntem Orte zurückbehalten, vor 59 Jahren aber von den Nachkommen des Professors der Anatomie Franz von Rokitansky dem Museum der Gesellschaft der Musikfreunde zur Besichtigung und Verehrung übergeben und für immer zur Aufbewahrung an einem profanen Ort bestimmt zu sein schien, wurde aus freiem Willen der oben Erwähnten in voller Übereinstimmung mit dem Testamente jenes, in dessen Verfügungsrecht er letzthin gestanden, verfügt, daß er, um endlich der Pietät Genüge zu tun, mit dem übrigen Körper im Grabe vereinigt werde.
Möge ab nun das, was sterblich an Joseph Haydn war, umhegt von den Segnungen der hl. Kirche, im schon vor langem vorbereiteten Mausoleum der Eisenstädter Bergkirche ruhen, in der Krypta jenes Gotteshauses, in dem die letzten Messen des Meisters, die seinen tiefen Glauben und seine innige Frömmigkeit in einzigartiger Kunst zum Ausdruck bringen, erstmalig gehört worden sind, zu Lob und Ruhm Gottes, des allmächtigen Vaters.
Daß dies für die Gesellschaft der Musikfreunde in Rechtskraft erwachsen, bestätigen mit ihren Unterschriften
Alexander Hryntschak Franz Kosch
Der Präsident: Aus den Reihen der Vorstandsmitglieder:
Am 5. Juni 1954.
1954 VI 4, Eisenstadt.
Magistrat der Freistadt Eisenstadt
Niederschrift
Anwesend waren:
I. Amtsabordnung
- Bürgermeister der Freistadt Eisenstadt Hans Tinhof, Hauptschullehrer in Eisenstadt, als V erhandlungsleiter
- Der Stadtphysikus der Freistadt Eisenstadt Medizinalrat Dr. med. Ernst Nindl in Eisenstadt, zur Überwachung der sanitätspolizeilichen Vorschriften
- Magistratsdirektor der Freistadt Eisenstadt Dr. jur. Oskar Cserny in
Eisenstadt als Schriftführer - Regierungsrat Adalbert Riedl, Kustos des Burgenländischen Landesmuseums in Eisenstadt
- Ernst Schmit, Angestellter des Magistrates der Freistadt Eisenstadt zur Unterstützung des Stadtphysikus.
II. Als Zeugen der Amtshandlung sind erschienen
- Landesrat Hans Bögl, als Kulturreferent der Burgenländischen Landes regierung
- Landesbeamter Franz Soronics, Stadtrat der Freistadt Eisenstadt, als Ver treter des Pfarrkirchenrates der Pfarre Oberberg Eisenstadt
- Vertragsangestellter des Amtes der Burgenländischen Landesregierung Franz Probst, Sekretär im Kulturreferat.
Prälat Dr. Josef Koller, Propstpfarrer in Eisenstadt Oberberg.
Vorgeschichte:
Es ist überliefert, daß Joseph Haydn am 31. 5. 1809 in Wien gestorben ist
Exhumierungsvorgang
Die Gruft, auf deren Grabtafel nachstehende Daten aufscheinen, wurde von einigen Kommissionsmitgliedern mit Hammer und Meißel geöffnet:
Theresia Schmidt, gest. den 12.6.1806.
Elisabeth von Pawlowszky, gest. den 29. April 1808.
Joseph Haydn, gest. den 31. Mai 1808.
Johann von Szentgäly, gest. den 11. Jänner 1823.
Melchior von Pawlowszky, gest. den 28. December 1827.
Magdalena Juház, gest. den 27. Juny 1829.
Johann Fuchs, gest. den 29. Oktober 1839.
Die Gruft ist mit einer Steinplatte versehen, die unten auf zwei Scharniere lagert und daher abwärts zu öffnen ist. Außer dem Zementmörtel ist die Stein platte noch gesichert durch eine in Eisenringe eingeführte Eisenstange, welche durch ein versiegeltes Vorhängeschloß gesperrt ist. Das im Jahre 1932 von der Fürst Esterházy‘schen Kommission angebrachte Siegel war beim Öffnen unverletzt. Nachdem die Gruft geöffnet war, stiegen Medizinalrat Dr. E. Nindl, Regierungsrat A. Riedl ung Ernst Schmidt in dieselbe ein und suchten den Sarg, in welchem die Gebeine Haydn‘s begraben wurden. Als Richtschnur diente die Niederschrift der Fürst Esterhäzy‘schen Kommission, welche im Jahre 1932 im Aufträge des Fürsten Paul Esterhazy den Haydn-Leichnam zu agnoszieren hatte, in welcher auf Seite 5, letzter Absatz, folgendes vermerkt ist:
„Der dritte Sarg in der links gelegenen Nische ist aus Nußholz und ist ohne jedem Merkmal einer Aufschrift gefundnen worden. Im Sarg befindet sich ein Skelett. Im ersten Moment fällt der Schädel auf, dessen Färbung viel lichter, als die übrigen Gebeine sind. Der Schädel wurde genau untersucht und konstatiert, daß der Unterkiefer beiderseitig mit einer Seidenschnur an den Schädel befestigt ist. Dieser Umstand bestätigt die in Alfred Schnerich‘s Werk „Joseph Haydn und seine Sendung“ vorkommende Feststellung, daß Haydn‘s Kopf nach der Beerdigung im Wiener Friedhof abgeschnitten wurde und als der Leichnam nach Eisenstadt kam, ein fremder Schädel zum Leichnam geschmuggelt wurde. (Siehe Seite 159 bis 160 des Werkes.) Der übrige Teil des Skelettes weist auf starkes Gebein männlichen Geschlechtes.
Um jeden Zweifel auszuweichen, haben wir zur Besichtigung den pens. Eisenstädter Bezirksarzt Dr. Heinrich Pfeiffer eingeladen, der aus den Beckenknochen konstatierte, daß das Skelett das eines Mannes ist. Betreffs des Schädels hatte er konstatiert, daß dieser gereinigt, daher präpariert ist. Aus den beschriebenen obigen Umständen getraut sich die Kommission mit voller Beruhigung zu behaupten, daß die irdischen Überreste Haydn's mit dem fremden Schädel in der linksseitigen Nische der geöffneten Gruft in dem links befindlichen Nußholzsarge ruhen. Beson-deres Kennzeichen dafür ist der präparierte Schädel.“
Nachdem die drei in die Gruft eingestiegenen Kommissionsmitglieder sämtliche Sargreste aufs genaueste untersuchten, wurde von Medizinalrat Dr. E. Nindl folgendes festgestellt: In der linken Nische linksseitig gelegen, befindet sich auf vermorschten Sargteilen ein präparierter Schädel, der durch die Jahre verwittert gelblich gefärbt ist und an dem das Unterkiefer mit dem Oberkiefer mittels eines Bandes noch immer verbunden ist, wie es bei anatomisch präparierten Schädeln üblich ist. Auf den selben Sargresten liegt ein Skelett, welches auf Grund seiner Lage in der Gruft und durch den beigelegten anatomisch präparierten Schädel als das des Joseph Haydn bezeichnet werden kann. Der Leichnam liegt mit dem Kopfende zur Gruftöffnung.
Hierauf wurde der gegenständliche Schädel aus der Gruft herausgenommen und den Kommissionsmitgliedem zur genauen Betrachtung überreicht, welche die im vorhergehenden Absatz angegebene Feststellung des Medizinalrat Dr. E. Nindl vollinhaltlich bestätigen konnten.
Anschließend wurde das Skelett auf einem Sargbrett herausgehoben. Bezüglich des Skelettes stellt der Stadtphysikus fest, daß die Gebeine auf eine untersetzte Gestalt mit schmalen Becken hinweisen. Die fast vollständig vorgefundenen Knochen weisen eine dunkelbraune Färbung auf, die sich vom Kopf, der einen helleren Farbton aufweist, wesentlich unterscheiden. Außer einer Perückenlocke von braunrötlicher Färbung (infolge Verwitterung) waren keine Reste von Bekleidungsstücken auffindbar.
Zwischen Skelett und Gruftwand wurde eine Seitenwand des Sarges in stark brüchigem Zustand vorgefunden, die jedoch noch deutlich eine Politur aufwies und als Nußholz bestimmt werden konnte.
Nachdem die Kommission auf Grund der Wahrnehmungen und Merkmale, die sich mit den Feststellungen der fürstlichen Kommission aus dem Jahre 1932 vollkommen decken, einhellig feststellte, daß das herausgenommene Skelett nur das des Joseph Haydn sein könne, wurde dasselbe in den für den Sarkophag bestimmten Kupfersarg eingebettet. Der vorgefundene fremde Schädel, der bisher beim Haydn-Skelett lag, wurde in die Gruft zurückgelegt.
Die Gebeine im Kupfersarg wurden mit den an der Grabtafel Vorgefundenen Wid-mungsschleifen bedeckt, worauf dieser Sarg zugeschraubt und versiegelt wurde. Die Gruftplatte wurde hierauf wieder geschlossen, vermörtelt und mit einem Vorhängeschloß versperrt. Bald darauf wurde der Sarg in die Bergkirche zur Aufbahrung vor dem Hochaltar getragen, wo er bis zur feierlichen Schädelbeisetzung am 5. Juni 1954 verblieb.
Die vom Schriftführer in der Gruft selbst angefertigte und hernach vom Städtischen Bauamt maßgerecht hergestellte Skizze der Haydngruft bildet einen Bestandteil dieser Exhumierungsniederschrift.
Diese Niederschrift wird in drei Ausfertigungen errichtet, von denen eine das Amt der Burgenländischen Landesregierung erhält, eine für das Bgld. Landesmuseum bestimmt ist und eine im Archiv der Freistadt Eisenstadt verbleibt.
Eisenstadt, am 4. Juni 1954
Die Amtsabordnung:
Hans Tinhof
Bürgermeister
Dr. Ernst Nindl Cserny Oskar
Stadzphysikus Magistratsdirektor
Adalbert Riedl Schmit Ernst
Regierungsrat Städt. Angestellter
Die Zeugen:
Hans Bögl
Landesrat der Bgld. Landesregierung
Probst Franz Franz Soronics
Landesangestellter Landesbeamter u. Vertreter
des Pfarrkirchenrates der
Pfarre Oberberg-Eisenstadt
Der Antragsteller:
Prälat Dr. Josef Koller
Propstpfarrer der Pfarre Oberberg-Eisenstadt
Fotosammlung Margarete Kohs
Viele Inhalte stammen von Wikipedia, von den Haydn-Kids, bzw. vom Artikel „Ein Schädel sucht seinen Körper“ von Brigitte Biwald im Austria-Forum, 2009.
Burgenlaendische-Heimatblaetter_21_0188-0193-1.pdf
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