Der Schlosspark im Wandel der Zeit


Eisenstadt war ursprünglich nur der von der Stadtmauer umgebene Teil, der 1373 das Stadtrecht erhielt.
Der Teil, auf dem 1663 Paul Esterházy die alte Burg zum Teil abreißen und durch italienische Baumeister das frühbarocke Schloss errichten ließ, war der Schloßgrund. Darauf entstand die "Fürstenstadt", die zeitweise im heftigen Gegensatz zur Bürgerstadt, zur königlichen Freistadt, stand.

Als 1622 Graf Nikolaus Esterházy (1582-1645) die Herrschaften Forchtenstein und Eisenstadt als Pfand erhielt, ließ er nördlich der mittelalterlichen Burg erst einen Blumengarten und später einen manieristischen Garten errichten.
Im Frühbarock des ausgehenden 17. Jahrhunderts war der Garten im Stil des italienischen Gartens gestaltet. Rasterförmig angelegte Wege, von geometrischen Zierbeeten unterbrochen, gliederten den Grünraum hinter dem Schloss. 

Plan des Rokoko-Gartens von Matthias Pölt 1776
 
Ab 1776 wurde mit der Planung der Orangerie begonnen.
Fürst Nikolaus II. hatte den französischen Architekten Charles Moreau nach Eisenstadt berufen, um das barocke Schloss im Zeichen des Klassizismus umzugestalten. Auch der Garten sollte eine Umwandlung erfahren. Er wurde durch Grundablöse in Richtung Nordosten erweitert. Auf dieser Karte sind im rechten Bereich die vormaligen Eigentümer mit den jeweiligen Kaufpreisen für Weingärten und Äckern zu sehen:

Consignations Karte über die von nachstehenden Partheyen an S(eine)r Hochfürstl. Durchlaucht vercaufte Grundstücke“ anno 1803, Unterschriften vom 20.6.1804
Quelle:
Hungaricana
 
Fürst Nikolaus II. Esterházy wendete demnach 398 Pfund für die Weingärten und 391 Pfund für die Äcker, insgesamt daher 789 Pfund auf, die Vorbesitzer erhielten, je nach Grundstücksgröße, zwischen 9 und 70 Gulden.
Das Pfund war damals eine Münz- und eine Gewichtseinheit, deren Größe zeitlich und regional sehr unterschiedlich war, meist zwischen 467,6 und 561,9 Gramm. Um sich die Dimension dieser Ankäufe vorstellen zu können: Bis 1857 durften zB aus einem Pfund feinen Silbers 24 Gulden geprägt werden. Das wären demnach 18.936 Gulden. Joseph Haydn verdiente zum Vergleich zu dieser Zeit 2.000 Gulden im Jahr, ein Universitätsprofessor 300, ein Schulmeister 22 Gulden.
Interessant ist mE auch, dass links unten mit einem roten Winkel das im bestehenden „Hofgarten“ befindliche Gärtnerhaus eingezeichnet ist. Rechts unten über dem Siegel befindet sich die "Wasser Machine" beim Maschinenteich.
Rot eingezeichnet sind die neuen Wege, ganz links der Wasserlauf, der vom Einsiedlergraben (östlich der Gloriette) kommt.

Und sogleich wurden die Grenzsteine gesetzt:

 
Situations Plan
Der, Zwischen den alten Hofgarten und des neu angekauften Staedtischen Grundes gezogenen territorial Linie, mit denen um diesen Terrain angezeigten Demarcations Steinen“ anno 1804
Quelle:
Hungaricana

An der Grenze vom alten Hofgarten steht auch heute noch der Zaun beim Leopoldinenteich.
Auch schon eingezeichnet ist der "Eierteich" oder „Obeliskenteich“ (in der Nähe des Obelisken) und der "Herzerlteich" (oberhalb der Orangerie)
Bereits eingezeichnet 3 "
Teras Mauer", wo die Orangerie erbaut wurde.
Unten rechts neben dem Teich (e) "
Dampf Machin", unterhalb (f) "Schweicerey".

Geplant und auch umgesetzt wurde ein Landschaftsgarten nach englischem Vorbild:

 
Dieser Landschaftsgarten übertreffe „an Reichtum und Kostbarkeit der Gewächse alle übrigen Gärten in Österreich und Ungarn, selbst die kaiserlichen Gärten vielleicht nicht ausgenommen“, berichtete Johann Leopold Stocz in einer Publikation über das Königreich Ungarn 1824.
 
Schon 1822 beschrieb Johann von Csaplovics (1780-1847) detailliert den Park  sowohl in bezug auf das gartenarchitektonische als auch das botanische Erscheinungsbild:
"e) Der Schloßgarten, der im Jahre 1754 zum französischen Ziergarten angelegt, von dem jetzigen Fürsten Nicolaus vergrößert, und vom Jahre 1801 angefangen mit einem Kostenaufwand von mehreren Millionen Gulden nach dem neuen englischen Stil in einen Naturgarten umgeschaffen wurde, wovon die Anlage noch nicht zu Ende ist. Den Plan zu dieser Reform entwarf der fürstliche Architekt Moreau. Nebst dem großen Kanale, der, sich durch den ganzen Garten schlängelnd, verschiedene Kaskaden bildet, dann nebst mehreren großen und kleinen Teichen, anmuthigen Auen, Wiesflecken, schattigen Spaziergängen und der Auswahl des schönen, mitunter ausländischen Gehölzes, sind in diesem Garten vorzüglich bewundernswert die Treibhäuser und die Patent-Maschine.
Die Treibhäuser sind wegen ihrer seltenen Naturschätze in dem österreichischen Kaiserstaate wahrscheinlich die einzigen in ihrer Art. ...
Dieses seltene Palladium des Pflanzenreiches verdankt, wie überhaupt die ganze Anlage, sein schönes Dasein bloß dem schöpferischen Geiste des Fürsten Nicolaus Esterházy; es ist im ganzen bei 60.000 Pflanzen reich, und erfüllt den Sachkenner mit dem Hochgefühle der Bewunderung. ..."(S.448f.) 
 
Nikolaus II. starb 1833 und hinterließ einen gewaltigen Schuldenberg, sodass auch der Garten darunter zu leiden hatte. Dies trug vielleicht dazu bei, daß uns der Park im Typus des frühen 19.Jahrhunderts mehr oder weniger erhalten blieb.
Paul III. wollte Mitte des 19. Jahrhunderts den Park schließen, aber das Eisenstädter Bürgertum protestierte vehement dagegen.

Dieser Obelisk wurde 1871 von Fürst Nikolaus III. Esterházy
zum Gedenken an seine
1853 im Alter von nur 31 Jahren
an einem Lungenleiden verstorbene Gattin
Sarah Frederica Caroline Child-Villiers,
Tochter von George Child Villiers, 5. Earl of Jersey,
errichtet.
Foto: Da Cini, um 1910


Wegenetz anhand eines Excerpts des Katastralmappenblattes Eisenstadt, 1856
Quelle: E. Csaplovics, KARTOGRAPHISCHE UND TOPOGRAPHISCHE ASPEKTE DER ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES SCHLOSSPARKES ZU EISENSTADT ...

Erst Nikolaus IV. Esterházy (1869-1920) revitalisierte gemeinsam mit seiner Gattin Margit die Fläche direkt hinter dem Schloss. Fotos aus dieser Zeit zeigen Blumenrabatte und gepflegte Wiesen vor der Rampe zum Gartensaal. Sichtachsen wurden wieder hergestellt, Pflanzen nach- und auch neu gesetzt, Teiche und Leitungen gereinigt und instand gesetzt und die Orangerie revitalisiert.
Nach dem zerfall der Donaumonarchie bildete sich in Ungarn 1919 eine Räteregierung, das ungarische Direktorium ließ den Park zur Gänze öffnen. 
Paul V. (1901-1989) ließ in den 1920er Jahren den Baumbestand aufzeichnen und Entwürfe für eine Neugestaltung des Bereichs beim Maschinenteich anfertigen. Die Pläne wurden jedoch nicht realisiert.
Nach der militärischen Niederlage der Räteregierung wollte Paul V. Esterhazy den Park wieder für die Öffentlichkeit schließen, es gab aber bereits massive Proteste gegen die Aufstellung von Tafeln "Betreten auf eigene Gefahr!".
Im 2. Weltkrieg wurden im Parkgelände Arbeitsbaracken aufgestellt, die noch lange nach dem krieg als Verwaltungsgebäude dienten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Esterházy Domäne entgegen dem Verstaatlichungswunsch der Kommunistischen Partei Und vieler Teile von SPÖ und ÖVP unter die direkte Verwaltung der sowjetischen USIA gestellt, die 1951/52 ein Stadion und 1952/53 das städtische Freibad im Park einrichtete. 
1954 fand in der Orangerie die 1.Ausstellung des Burgenländischen Künstlerbundes statt. 
Nach dem Abzug der Roten Armee erhielt die Fürstenfamilie ihren Schlosspark wieder zurück.
Erst 1962 schloss Fürst Paul einen Vertrag mit der Stadt, der Park wurde in einen öffentlichen und einen privaten Teil geteilt, die Obsorge für die Parkpflege oblag der Stadt.
1966 feierte die Künstlergruppe Burgenland ihr zehnjähriges Bestehen mit einer Ausstellung in der Orangerie.
1969 wurde ein Großteil der Gewächshausanlagen zerstört und nicht wieder aufgebaut. Stattdessen wurden Tennisplätze errichtet.
Weite Teile des Parks wurden sich selbst überlassen, viele Stellen im Park verwandelten sich in Dickicht.
In der Orangerie wurde ab den 1960er Jahren bis 2010 das Fest der 1000 Weine abgehalten. 

Auf diesem Foto erkennt man die Sitzbänke der Weinkost
Fotosammlung Margarete Kohs

Durch die Anlagen des Fussballstadions, der Tennisplätze und den von Esterházy zurückbehaltenen Privatteil, sowie mit Einschränkungen das Freibad sind annähernd 30% der Gesamtfläche der Nutzung im Sinne eines öffentlich zugänglichen Parkes entzogen.
Wegenetz anhand eines Excerpts des Katastralmappenblattes Eisenstadt, 1963
Quelle: E. Csaplovics, KARTOGRAPHISCHE UND TOPOGRAPHISCHE ASPEKTE DER ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES SCHLOSSPARKES ZU EISENSTADT ...

Im Jahr 1987 wurde rund um den Eisenstädter Arzt Dr. Franz Prost der „Verein Freunde des Eisenstädter Schlossparks“ gegründet, der es sich zum Ziel gesetzt hat, den historischen Landschaftsgarten zu restaurieren.
Seither wurden und werden zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, um den Verfall des Schlossparks zu stoppen und seinen einstigen Zauber wiederherzustellen.
Stadt, Land Burgenland und der Verein schlossen 1996/1997 einen Pachtvertrag zur Revitalisierung des Parks.
Von 1992 bis 1998 wurden der Leopoldinentempel und der davor befindliche Teich restauriert. Auch die Felsenkulisse unterhalb des Tempels wurde wieder zugänglich gemacht.

Fotosammlung Margarete Kohs


Der im Norden des Parks gelegene Obeliskteich wurde rekonstruiert und alten Vorlagen entsprechend mit Linden umpflanzt. Weiters wurde das Maschinenhaus renoviert.
2015 wurde vom „Verein zur Pachtung, Erhaltung und Pflege des Esterházy’schen Schlossparkes Eisenstadt“ die Sanierung der Orangerie-Mauern durchgeführt, weitere Revitalisierungsmaßnahmen werden laufend vorangetrieben, so auch 2020 die Wiederherstellung des Herzerlteiches oberhalb der Orangerie.
Da der Pachtvertrag Ende September 2021 auslief, gründeten die Esterhazy-Stiftung und die Stadt eine GmbH, die ab Oktober 2021 den Schlosspark erhalten und für die Öffentlichkeit weiterhin zur Verfügung stehen wird.


Zusätzliche Quellen:https://hungaricana.hu


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