Rheinlandsiedlung > Ignaz-Till-Straße


Nachdem Eisenstadt als Landeshauptstadt festgelegt wurde, setzte eine rege Bautätigkeit ein. Es wurde u.a. das Landhaus gebaut, und man benötigte Wohnungen für die Landesbediensteten.
So wurde von Rudolf Perthen und Alexius Wolf eine Beamten-Siedlung geplant. Gleichzeitig wurde ein Teil des Kasernengeländes erworben und dort, innerhalb des Institutsparks, von 1926 – 1931 die „Rheinlandsiedlung“ errichtet. Der Name erinnert an die Befreiung des Rheinlandes aus der französischen Herrschaft 1930.
Wo sich jetzt die obere Zufahrt zur Ignaz-Till-Straße befindet, stand früher dieses auf dem Bild als Portierhäuschen bezeichnete Wachgebäude in Form einer kleinen Bastei. Der Stil dieses Baues war ganz dem des Hauptgebäudes angepasst. Den Park konnte man durch das Gittertor daneben frei betreten.

Fotosammlung Margarete Kohs
 
Dieses Offizierswohngebäude der k.k. Militärrealschule wurde in die Rheinlandsiedlung integriert.

orig: PÉCHY LÁSZLÓ, 1912

Errichtung der Beamtenwohnungen 

Foto: Norbert Barisits



 
Rheinlandsiedlung 1930
Fotosammlung Margarete Kohs


 
Rheinlandsiedlung um 1930
Fotosammlung Margarete Kohs

Am 2.5 und 12.7.1931 war das Luftschiff „Graf Zeppelin“ über Eisenstadt zu sehen.
Quelle:
Brigitte Kriszanits, Eisenstadt, Blitzlichter zur Geschichte 1900 – 1945, 2018

freier Blick von der Querstraße in die Stadt
Fotosammlung Margarete Kohs, um 1935

  Stiegenaufgang zur Ing. Hans Silverster Straße um 1935
Fotosammlung Margarete Kohs

Der untere, südliche Eingang
Fotosammlung Margarete Kohs

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurden die Fenster beflaggt.

  Fotosammlung Margarete Kohs

Die Kreuzung in der Mitte der Straße vom damaligen Wohnzimmer der Frau Kohs aus gesehen:

Foto 1938

Erst 1945 erhielt die Rheinlandsiedlung ihren heutigen Namen Ignaz-Till-Strasse.
Während der sowetische Besatzung nach dem Krieg kam es zu Okkupierungen in Zusammenhang mit sowjetischen Luftwaffen-Einheiten. Die Ignaz-Till-Straße wurde zur Offiziersunterkunft, danach sah es aber nicht nach der Wohnstätte zivilisierter Offiziere aus, denn die Wohnungen waren devastiert, da tw. Fußböden als Brennholz verwendet wurden

1956 wurde die Ignaz-Till-Straße Flüchtlingsstelle/Auffanglager für ungarische Flüchtlingsfamilien: „Das Auffanglager in Eisenstadt, ehemalige Beamtenwohnungen der „Rheinlandsiedlung“, waren von den sowjetischen Besatzern in einem desolaten Zustand zurückgelassen worden und noch nicht adaptiert. Die Menschen schliefen auf Stroh, das Dach war undicht.“ schrieb „Die Presse“
Heute ist die ehemalige Rheinlandsiedlung eine gefragte Siedlung mit absoluter Ruhe, vielen Vögeln, und vor allem einer angenehmen Nähe zum Stadtzentrum.

Exkurs Ignaz Till:

 
Ignaz Till
Quelle : Atlas-Burgenland.at

Ignaz Till wurde 1891 in Csorna geboren und lernte in Fünfkirchen den Beruf eines Kellners. Er kam früh mit sozialdemokratischen Ideen in Berührung und trat der Gewerkschaft bei. 1918 kehrt er aus dem Weltkrieg nach Frauenkirchen zurück. Dort versuchte er unter den Landarbeitern eine sozialdemokratische Organisation aufzubauen. Im August 1919, nach dem Sturz der Räte, floh er nach Wien. Er war am 9. Jänner 1919 bei der Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei des Burgenlandes in Wr. Neustadt anwesend. Anfang 1922 wurde er Mitglied der Verwaltungsstelle für das Burgenland. 1922 zog er als Abgeordneter in den Landtag ein, dem er bis 1934 angehörte. Ab 1923 war er Landesrat für das Bauwesen und für die soziale Verwaltung.
Am 12. Feber 1934 wurde er verhaftet, bald darauf aber wieder entlassen. Er wurde Kohlenhändler und stand unter ständiger polizeilicher Beobachtung. Am 9. März 1938 wurde er von Landeshauptmann Sylvester zu einer Besprechung geladen. Mit Till sollte die Arbeiterschaft für die geplante Volksabstimmung gewonnen werden. Till sagte nach Zugeständnissen zu, konnte aber infolge der Machtübernahme der Nationalsozialisten nicht mehr allzuviel bewirken.
Von März bis Juni 1938 war er in nationalsozialistischer Haft, wurde dann freigelassen und bekam einen Posten im Büro der Gauwerke Niederdonau (Elektrizitätswerke). Er galt aber weiterhin als politisch unzuverlässig. Ende August 1944 wurde er erneut verhaftet und nach Dachau gebracht. Im Juli 1945 kehrte er nach Eisenstadt zurück und übernahm als provisorischer Landesobmann die Führung der burgenländischen SPÖ. Er wurde auch Landesrat der provisorischen Landesregierung, starb aber schon wenige Wochen später.

Quellen:

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