Die Orangerie im Schloßpark

Bereits vor der Erweiterung zum englischen Landschaftsgarten existierte ein Glashaus mit ca. 220 m² zur Überwinterung von nicht allzu großen botanischen Raritäten. Obergärtner war damals Matthias Pölt. Ab 1776 plante er in fürstlichem Auftrag eine Orangerie im Zentrum des zukünftigen, wesentlich größeren Landschaftsgartens, der durch Grundablöse durch Fürst Nikolaus II. möglich wurde.

Die Orangerie wurde nördlich der schon bestehenden Kastanienalle auf drei Terrassen angelegt und umfasste ursprünglich 8 Glashäuser in zwei Etagen.

Entwurfsplan nach Charles de Moreau/Jacob Rauschenfels, 1807/1808
Fotosammlung Margarete Kohs

In dem ersten, aus zwei Teilen bestehenden Gewächshaus wurden ausschließlich exotische Pflanzen aus der warmen Klimazone (Neuholland und Westindien) gehalten.

Im zweiten gab es größere, ebenfalls in exotischen Gegenden beheimatete Pflanzen, und zwar in vielfältigen Variationen.

Das dritte Gewächshaus bestand aus zwei Teilen, in denen Obst reifte. Zwischen den beiden Glashausteilen lag ein mit Statuen und Spiegeln geschmückter Salon.

Im vierten Gewächshaus hielt man kleinere Arten neuholländischer und westindischer Pflanzen.

Und in dem wiederum aus zwei Teilen bestehenden fünften Gewächshaus wurden Pelargonien gezüchtet.

Im sechsten Gewächshaus reiften Ananas, und zwar mit solchem Erfolg, dass jährlich 500 reife Früchte geerntet werden konnten. Hier gab es auch noch andere exotische Pflanzen und ein botanisches Versuchslaboratorium.

Im siebenten Gewächshaus wurden Pflanzen- und Obstbaumsetzlinge gezogen.

Das in fünf Teile untergliederte achte Gewächshaus diente ausschließlich der Zierpflanzen- und Blumenzucht.

Diese Glashäuser gliederten sich in zwei Gruppen, eine untere und eine obere Anlage.

An der Spitze der unteren Treibhausanlage stand der aus Raab (Györ) stammende Gärtner Niermayer, bei der oberen Treibhausanlage der Gärtner Oxenhauser (Ochsenhauser), ihnen unterstanden insgesamt 52 Personen, neben Gärtnern auch Zimmermänner, Heizer, Kutscher, Taglöhner und Wächter.

Nach ihrer Fertigstellung zählte die Orangerie neben Schönbrunn zu den größten und modernsten Gewächshausanlagen mit Repräsentationscharakter, u.a. zeigte Fürst Esterházy im Juni 1818 Erzherzog Franz Karl den Schloßpark und die Orangerie. Der Erzherzog führte ein Tagebuch, in dem er u.a. schrieb:

Die Glashäuser, die wir darauf sahen, sind ausserordentlich gross. Es ist in denselben, nach Bredemeyers [ein berühmter Botaniker in der Begleitung des Erzherzogs] Urtheil, ein grosser Schatz von den seltensten Pflanzen, vorzüglich aus Neuholland und Westindien. Wir nahmen die Jause in einem Saal der gros­ sen Orangerie ein, welche 150 Klafter lang ist.

Nach der Jause gingen wir in die zwey andere Glashäuser, von denen das eine höher liegt, als das grosse Glashaus, in dem wir jausten, und das andere tiefer, jedes von ihnen über 100 Klafter lang. Aus den Glashäuser sind die schönen grossen exotischen Bäume sammt ihren Kübeln in die Erde gesetzt und liegen zerstreit im englischen Garten, was ich noch nirgens gesehen habe.“1

In den 1820-er Jahren belief sich die Zahl der Pflanzen auf ca. 60.000.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Mittelpavillon aufgestockt, um für eine Palme Platz zu machen.


Foto: Erwin Csacsinovits †, um 1910

Die auf zwei Terrassen gelegenen Treibhäuser verfielen nach dem Krieg und wurden nach dem 2. Weltkrieg von russischen Soldaten für Schießübungen genutzt.

1954 sorgte der „Burgenländische Kunstverein“ mit einer Ausstellung in der Orangerie für großes Aufsehen: junge Künstler wie Rudolf Kedl, Karl Prantl oder Feri Zotter sorgten für Empörung unter der Bevölkerung.

Weg zur Orangerie in den 1960er Jahren
Fotosammlung Margarete Kohs

 

Orangerie in den 1960er Jahren
Fotosammlung Margarete Kohs

Um 1964 wurden die stark beschädigten östlichen Teile der Glashäuser abgetragen, an ihrer Stelle Tennisplätze errichtet, die im Winter als eislaufplatz genutzt wurden.

1969 wurden die auf den oberen Terrassen gelegenen Treibhäuser geschliffen und das „Fest der 1000 Weine“ vom Schwechaterhof in und vor die Orangerie verlegt. Dies setzte allerdings der historischen Substanz stark zu.

Werbung im Amtsblatt 26. Jahrgang, Juli/August 1982 Nummer 7/8

Flugaufnahem aus den 197ßer Jahren
die Weinkostbankerl sind aufgestellt
Fotosammlung Margarete Kohs

Ab 2000 wurde die Orangerie renoviert und als Veranstaltungsort zugänglich gemacht, 2015 wurden Teile der Mauern um das Bauwerk saniert.


Fotosammlung Margarete Kohs


Fotosammlung Margarete Kohs

Heute wird die Orangerie als Eventlocation wie Hochzeiten, Bälle, etc. genutzt. Dieses historische Gewächshaus vermittelt eine bezaubernde Atmosphäre und liegt auch in einer wunderschönen Parkanlage, die auch heute noch einen edlen Rahmen darstellt.


Orangerie am 28.7.2003
Fotosammlung Margarete Kohs

PS:

Nicht unmittelbar für die Orangerie, aber für den Schloßpark insgesamt gab es Vorschriften für die Parkbenutzung durch einen „Runderlaß an die fürstlichen Beamten aus dem Jahre 1807“, der ebenfalls in den zitierten Bgld. Heimatblättern abgedruckt ist:

"Um die hiesige Englische Anlage von allen Schaden zubewahren, sind auf hochfürstlichen Befehl eigene Garten Wächter aufgestellet, wie wohlen es in keinen zweifel gezohen werden will, dass Alle welche die hohe Gnade haben in hochfürstlichen Dienst zu stehen samt Ihren angehörigen die fürst­liche Gnade welche Ihnen den Zutritt in den Hofgarten zu Ihrer Erholung und Unterhaltung frey gestattet, danknehmig anerkennen, und solche ja nicht missbrauchen werden, so will man doch zum Uiberfluss erinnern

1* Dass die vorgezeigten und mit Wasen eingefasten beschoderten Garten Wege zu überschreiten, eben so auch

2* Den Wasen Saumm zu betretten

3* Blumen und andere Gewächse abzupflicken, oder Äste von Bäumen abzubrechen, ganz verbothen seyn, eben so

4* Ist es auch verbothen mit einen Hund in Garten hineinzugehen,

5* Auf die Kinder haben die Eltern sorgfältig acht zu geben, dass sie sich eben so wenig alle die hervonangezohenen Uibertrettungen erlauben sollen,

6* Denen Dienstbothen mit Kindern wenn selbsten die Eltern nicht zugegen sind, ist der Zutritt versagt.

Wenn Jemand er mag seyn wer er will, irgend einer Uibertrettung wegen von einem der Garten Wächtern ermahnet wird, hat er sich zu fügen, und die auf hohen Befehl aufgestellte Wache zu respectiren, indem ansonsten Jeder die unangenehmen Folgen nur sich selbsten zuzuschreiben haben wird, da ein solcher Sr Durchlaucht dem Fürsten auf dessen hohen ausdrücklichen Befehl namentlich angezeigt werden muss.

Datum ex Sessione Dominiorum Directionis Celsissimi Principatus Esterhazyani Kismartonii Die 30a Juny 1807 celebrata."



1 ) Burgenlaendische-Heimatblaetter_63_2_0003-0041, DIE GESCHICHTE DES SCHLOSSGARTENS EISENSTADT, János HÁRICH, Fürstlicher Archivar (1934), Aus dem Ungarischen von Hannelore Schmör-Weichenhain


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