Vom k.k. Kadetteninstitut zur Martin-Kaserne
Nachdem der Kaiser im Jahr 1852 das Bildungswesen des Militärs reformiert hatte, erteilte der Obergespan von Ödenburg dem Magistrat von Eisenstadt im Oktober 1852 den Auftrag zur Bereitstellung von zwanzig Katastraljoch als Bauplatz, sowie zur Benützung der städtischen Ziegelöfen, von Steinbruch und Sandstätten.
Im Mai 1853 erfolgte die Bauausschreibung für das „Kadetteninstitut Eisenstadt“ mit folgenden Vorgaben:
- dreistöckiges Gebäude mit drei Risaliten
- 144 Meter lang und 15,6 Meter breit
- Schwimmschule und Einfriedungsmauer
- Baukosten 300.000 fl. CM (Conventionsmünzen)
- Vollendung 30. Juli 1855
Auch ein Sportplatz und eine Schwimmschule mit Vorwärmbassin wurden in dem parkartigen Areal errichtet. Der Baubeginn war am 2. August 1853, allerdings verzögerte sich der Termin der geplanten Fertigstellung, sodass die Eröffnung erst am 1. Mai 1858 mit knapp dreijähriger Verspätung erfolgte.
Bei der im August 1853 begonnenen Herstellung der Baugrube für das Fundament stieß man häufig auf Gesteinsschichten, die gesprengt werden mussten. Dadurch trat wiederum Grundwasser in die Baugrube ein, was bereits bei den Vorbereitungsarbeiten zu einer erheblichen Verzögerung des Baufortschrittes führte. Weil es in weiterer Folge – vermutlich auch aus finanziellen Gründen – zu neuerlichen Bauverzögerungen kam und das Gebäude zum vorgesehenen Vollendungszeitpunkt im Juli 1855 kaum die Höhe des ersten Stockwerkes erreicht hatte, wurde 1856 ernsthaft überlegt, den Bau wegen des schleppenden Fortschrittes einzustellen. Dennoch wurde der Bau vollendet, wobei die abschließenden Bauarbeiten auch nach der offiziellen Eröffnung bis in das Jahr 1859 hinein dauerten. Neben der Überschreitung der vorgesehenen Bauzeit kam es auch zu einer bedeutenden Überschreitung der prognostizierten Baukosten, die schließlich knapp über 953.096 fl., also um mehr als das Dreifache über dem Voranschlag lagen.
Fotosammlung Margarete Kohs
Im Jahr 1871 erfolgte im Rahmen der Reorganisation der Militärinstitute die Auflösung des Kadetteninstitutes und im Jahr 1873 die Umgestaltung zur Infanteriekaserne. Zwei Infanterie-Bataillone wurden in der Kaserne untergebracht.
Offizierspavillon um 1870
Fotosammlung Margarete Kohs
Foto: Erwin Csacsinovits
Quelle: Fotosammlung Margarete Kohs
orig: PÉCHY LÁSZLÓ
Korridor in der Militär-Unterrealschule um1912
Foto: Erwin Csacsinovits
orig: PÉCHY LÁSZLÓ
Korridor in der Militär-Unterrealschule um1912
Foto: Erwin Csacsinovits
orig: PÉCHY LÁSZLÓ
Foto: Wikimedia commons
17.4.2014
Speisesaal im Erdgeschoss der k.-k. Militärrealschule 1912
orig: PÉCHY LÁSZLÓ
Schlafsaal in der k.k. Militärrealschule 1912
orig: PÉCHY LÁSZLÓ
Auch die schönen Künste wurden in der k.k. Militärrealschule 1912 geübt
orig: PÉCHY LÁSZLÓ
Zahnärztliche Behandlung in der k.k Militärrealschule 1912
orig: PÉCHY LÁSZLÓ
um 1910, Kaiser Franz Josef Büste in der Martin-Kaserne
orig: PÉCHY LÁSZLÓ
Schwimmschule der k.u.k. Oberrealschule
Fotosammlung Margarete Kohs
Beim Schwimmbecken um 1912
Foto: Erwin Csacsinovits
orig: PÉCHY LÁSZLÓ
Fotosammlung Margarete Kohs
Dem Militär folgte der dazugehörige Train, die Fuhrabteilung des Heeres, mit den vollbeladenen Lastautos. Hier trifft gerade so ein Wagenzug vor dem Nordportal der damals zur Kaserne umfunktionierten Militäroberrealschule ein. Ratlos stehen die Soldaten da und wissen anscheinend nicht, wo sie die Last abladen könnten, es war ihnen hier ja noch alles fremd. Die großen Lastautos mit den Vollgummireifen, mit denen das Bundesheer ins Land kam, waren in jener Zeit hier noch unbekannt und wurden daher besonders von der Jugend bestaunt.
Von hier aus ist auch der Hetscherlberg zu sehen, der vom Militär gerne als Übungsgelände verwendet wurde.
Fotosammlung Margarete Kohs
Am Sportplatz der k.k. Militärrealschule 1912, heute Martinskaserne
orig: PÉCHY LÁSZLÓ
Im Jahr 1922 zog die Bundesmittelschule samt Schülerheim im dritten Stockwerk des Gebäudes ein und das „Burgenländische Feldjägerbataillon Nr. 1“ wurde von Wiener Neustadt in die Kaserne nach Eisenstadt verlegt.
Nach dem Untergang der Habsburgermonarchie wurde Österreich im Vertrag von St. Germain der deutschsprachige Teil Westungarns zuerkannt. Mit dem „Bundesverfassungsgesetz über die Stellung des Burgenlandes als selbständiges und gleichberechtigtes Land im Bund und über seine vorläufige Einrichtung“ vom 25. Jänner 1921 konnte daraufhin die Aufnahme des Burgenlandes als eigenes Bundesland in die Republik Österreich geregelt werden.
Am 15. Juli 1922 trat der neu gewählte Burgenländische Landtag zur konstituierenden Sitzung in der Kaserne in Eisenstadt zusammen und das zweite Stockwerk wurde von da an bis zum Jahr 1930 vom Burgenländischen Landtag genutzt. Erster Landtagspräsident des jüngsten Bundeslandes war Josef Wimmer.
Quelle: Bgld. Volkshochschulen, #politikerleben
Da nun mehrere Institutionen im Gebäude untergekommen waren, begegneten sich in den Stiegenhäusern die Spitzen des Landes, die Schüler und die Soldaten, „was sowohl aus pädagogischen als auch hygienischen Gründen zu Schwierigkeiten führen musste“.
Im Sommer wurde vor allem die Schwimmschule im weitläufigen Park genutzt, die ab Mai 1923 auch für die Bevölkerung offen stand.
Die ehemalige Schwimmschule der k.u.k. Oberrealschule
Fotosammlung Margarete Kohs
Die ehemalige Schwimmschule der k.u.k. Oberrealschule
Fotosammlung Margarete Kohs
Während der Jubiläumsausstellung "10 Jahre Burgenland“ 1931 entstand dieses Bild
Quelle: ÖNB Bildarchiv und Grafiksammlung (POR)
Im Jahr 1957 konnten die ersten Wehrpflichtigen in die Schulkaserne einrücken, in der das Infanteriebataillon 2 stationiert war.
Und so sah es außerhalb der Kaserne aus:
Die Kaiseralle, vermutlich in den 1930er Jahren
Fotosammlung Margarete Kohs
Benützt wurde diese Zufahrt angeblich nur, wenn der Kaiser selbst zu Besuch kam. Wahrscheinlich wurde die Allee dann deshalb als "Kaiserallee" bezeichnet. Kaiser Franz Josef I. zeichnete einige Male die Anstalt durch seinen "hohen Besuch" aus.
Die Pappeln mussten entfernt werden, da sie schon morsch waren." (Zitat Margarete Kohs)
Die Kaiseralle, vermutlich in den 1930er Jahren
Fotosammlung Margarete Kohs
Blick vom südlichen Tor in die Kaiserallee
Fotosammlung Margarete Kohs
Der nicht mehr bestehende Fußweg entlang der Kasernenmauer in der Ing.-Hans-Sylvester-Straße
Fotosammlung Margarete Kohs
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts begann eine etappenweise Generalrestaurierung. Begonnen wurde mit der Kapelle, es folgten Sanierungen und Restaurierungen der Umfassungsmauer der Anlage, der Sockelzone des Gebäudes aus Naturstein und des Innenbereiches im westlichen Erdgeschoßflügel. Weitere Arbeiten betrafen die Wiederherstellung des repräsentativen Vestibüls in den ursprünglichen Zustand und die Restaurierung der verwitterten und verschmutzten Fassade.
Südfassade des Hauptgebäudes
Quelle: Wikipedia
Quelle: ORF Burgenland
Quellen:
- Facebookgruppe „Eisenstadt – einst und heute
- Fotosammlung Margarete Kohs
- Wikipedia
- Wikimedia commons
- Brigitte Kriszanits, Eisenstadt Blitzlichter zur Geschichte 1900 bis 1945, 2018
- Karl Semmelweis, Eisenstadt Ein Führer durch die Landeshauptstadt, 1988
- Theodor Möbius, Eisenstadt, ein Führer durch Österreichs jüngste Landeshauptstadt, 1938
- ORF Burgenland: Bericht zum 160-jährigen Bestehen
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